PROSTITUTION HEUTE: DAS NORDISCHE MODELL UND GESCHLECHTERDEMOKRATIE
Inga e.V. beim Fachdialog des Landesfrauenrats Baden-Württemberg
„Gesetze schaffen Werte.“ Unter diesem Leitmotiv informierten sich am 20.Oktober 2020 auf einem digitalen Fachdialog des Landesfrauenrates Baden-Württemberg über 120 Teilnehmer*innen über das „Nordische Modell“ und diskutierten zur Situation der Frauen in der Prostitution Deutschlands.
Schweden hat 1999, also bereits vor über 20 Jahren, die Prostitution verboten. Strafen treffen die Freier, nicht aber die in Not befindlichen Frauen. Schweden setzt dabei vor allem auf Ausstiegsprogramme sowie auf die Aufklärung der Bevölkerung, insbesondere der jungen Generation. Dort ist es nicht mehr schick, ins Rotlichtmilieu zu gehen. Die jungen Männer wissen, dass sie dort keine „Ware“ kaufen, sondern Gewalt gegenüber Frauen ausüben. Länder wie Frankreich, Irland und Kanada sind diesem Schritt gefolgt.
Die über 120 Teilnehmer*innen der Fachwelt und der Öffentlichkeit diskutierten mit Johan Frisell, schwedischer Diplomat in Berlin, Sabine Constabel vom Bundesverband Sisters e.V. und Kriminalhauptkommissar a.D. Manfred Paulus. Er berichtete über konkrete Erfahrungen seines Berufslebens im Milieu einer Subkultur, die nur eigenen Gesetzen gehorcht. Heute klärt er an Schulen und in Rathäusern der Ländern Osteuropas auf über die mafiösen Machenschaften osteuropäischer Clans. Allzu leichtgläubig gehen junge Frauen auf der Suche nach einer guten Arbeit im Westen den Frauenhändlern ins Netz. Strich und Bordelle sind in Wahrheit ein Millionengeschäft für Händler und Zuhälter.
Aussteigerin Marie Merklinger bezeichnet die Ziele des Prostitutionsschutzgesetzes 2017 als realitätsfern: Die Frauen seien nicht angemeldet, da sie allzu oft den Ort wechseln müssen. Bordelle fordern stets „frische Ware“. Verpflichtende Beratungsgespräche seien zu kurz, um mit den Frauen ins Gespräch zu kommen. Zudem werden die Frauen von ihren Zuhältern zum Termin gefahren, der vor der Tür wartet und anruft, wenn´s zu lange dauert. In Notsituationen kann die Polizei nur eingreifen, wenn Frauen Anzeigen erstatten. Da sie aber unter ständiger Beobachtung, Druck und Gewaltandrohung der Zuhälter stehen, ist dieser Schritt für sie meist unmöglich.
Jede Menge Fragen und Beiträge belegten das brennende Interesse der Zuhörer*innen. Wir danken dem Landesfrauenrat für diese Veranstaltung, die uns sehr bestärkt, unseren Weg weiterzugehen.